Hallo Martin.
Gebundener Stickstoff [in Deinem Fall nur als Nitrat-Stickstoff gemessen (Ammonium-Stickstoff sollte korrekterweise auch ermittelt und dazu addiert werden)] und Phosphat stehen in Deinem Aquarium im Verhältnis 1oo:1. Das ist weit über dem biologischen Gleichgewicht von 16:1. Dein Aquarium ist phosphatlimitiert. Bei solch´ hohen Verhältnissen zugunsten gebundenen Stickstoffs kann die kleinste Erhöhung des Phosphates bei grundsätzlich vorhandener Neigung des Beckens in Richtung einfachster Pflanzen (Algen) zu kippen ("klemmender" Pflanzenwuchs, zu wenig schnellwachsende Pflanzen, Einschleppen von Algen(resten) z.B. an gekauften Pflanzen welche bei deinem Becken gerade in die richtigen Bedingungen "fallen" ...) schnell eine Algenexplosion auslösen.
Bei dem was die Bilder hergeben werden es Cyanobakterien sein welche Dein Becken zu übernehmnen gedenken. Bei einem N
-Verhältnis weit über 16:1 meist Oscillatorialis, also keine Stickstofffixierer.
Ihnen aber nun den Stickstoff wegzunehmen wird in unseren Aquarien nichts nutzen, bzw. läßt sich nicht realistisch umsetzen weil der (oder eben Ammonium-Stickstoff) aus der Nitrifikation immer irgendwo nachgeliefert wird und, vor allem bei dem Licht was auf dem Becken steht, die Pflanzen nichts mehr zu beißen hätten.
Das eigentliche Wurzel-Problem ist Phosphor. Solange die Algen den haben, werden sie nicht aufhören zu wachsen und den gebundenen Stickstoff zu veratmen. Phosphor sollte also aus Deinem Becken verschwinden!
Jedoch:
Unsere aquaristischen Tests suggerieren uns dass der Phosphor den wir mit ihnen messen ALLER Phosphor ist welcher im Becken sich befindet. Das ist aber nicht korrekt. Phosphor besteht in Wirklichkeit aus drei Fraktionen:
- dem anorganisch gelösten (reaktiven) Phosphor
- dem organisch gelösten (nicht-reaktiven) Phosphor
- und dem in Biomasse gebundenen bzw. an Partikeln anlagernden Phosphor
Diese drei Fraktion ergeben den tatsächlichen Gesamt-Phosphor des jeweiligen Beckens. Und nur den anorganisch gelösten Phosphor erfassen unsere aquaristischen Tests! Folgend kann es somit sein das ein Becken im Phosphor bei Null steht, die Algen jedoch dennoch nicht verschwinden wollen, weil die Null des aquaristischen Tests für sie nämlich keine ist, denn Algen können sich im Gegensatz zu höheren Pflanzen über enzymatische Prozesse problemlos der anderen beiden Phosphorfraktionen bedienen und somit weiter gebundenen Stickstoff veratmen.
Allerdings:
... sind auch Geschwindigkeiten des Nachschubes wohl entscheident. Das ortho-Phosphat mag zwar am leichtesten verfügbar zu sein, jedoch gilt ein Gehalt von unter o,o3mg/l anorganisch gelöstem Phophor (das aquaristische PO4) allgemein als Cyanobakterien limitierend. Wobei planktonische Algen (zumindest im Anfangsstadium der Blüte) da gewiss schärfer von betroffen sind als benthische, filmbildende Algen wie sie z.B. bei Dir wohl vorhanden sind, denn unter ihren Teppichen halten sie ein eigenes Mikroklima vor in welchem durch Rücklösungen, Verfall und eben enzymatische Nachilfe seitens der Alge Phosphor innerhalb von Stunden bis Tagen algenverfügbar wird und somit der o.g. Grenzwert von o,o3mg/l ortho-Phosphat überschritten wird.
In unseren Aquarien ist es also schwierig der eigentlichen Wurzel "Phosphor-Verfügbarkeit" effektiv beizukommen!
Dennoch würde es mich interessieren ob Du mit einer strengen Phosphatentfernung (die anorganische Fraktion) etwas erreichen könntest. Nur für den Fall das Du etwas experimentierfreudig bist und es Dir nicht eilt. (Was ja aber meist nicht der Fall ist. )
Ansonsten würde ich Dir wie der Vorredner zu den (in den meisten Fällen) funktionierenden Methoden der Dunkelkur oder der Einbringung von viel Mulm aus einen rund laufenden Becken raten. Obwohl das, was man auf den Bildern sieht, schon richtig shice aussieht! :- (
Aber gerade weil der Kahn schon so abgesoffen ist könnte man zum allgemeinen Erkenntnisgewinn noch ein paar Sachen mit ihm anstellen welche man ihm vorher nicht angetan hätte.
Noch etwas:
Interessant wäre es auch wenn Du den Silizium-Wert (Silikat) Deines Wasser messen könntest. Im biologischen Gleichgewicht steht er zu Stickstoff und Phosphor (N
:Si) wie 16:1:17 und es gibt Berichte nach denen eine Siliziumentfernung mit einem Verschwinden von Cyanobakterien einherging. (Frage ist allerdings ob hier der Absolutwert oder sein Verhältnis zu den anderen Nährstoffen entscheidend war. Meist ist es ja letzteres.)
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Ich denke das mager gefahrene Becken, mgl. nahe am biologischen Gleichgewicht von gebundenem Stickstoff und Phosphat und einer Lichtleistung welche es nicht erzwingt dieses wegen einger Starkzehrer oder Exoten zu verzerren und zudem Pflanzen involviert welche als starke Ammoniumzehrer gleich das erste Produkt der Nitrifikation wegschnappen (z.B. Hornblatt), ohne es wie ein biologisch arbeitender Filter als Nitrat wieder ´rauszureichen, sicherer laufen und weniger zum Kippen neigen.(?)
Wie schon woanders geschrieben halte ich z.B. Hornblatt in einem separaten Filterbecken vor, womit ich mir ein Hauptbecken leisten kann in welchem nur lagsamwachsende Pflanzen oder Moose sich befinden mir jedoch dennoch keine Sorgen um eine Algenübernahme machen muß.
Meine Nährstoffwerte liegen für Nitrat bei 1 bis 4mg/l und Phosphat bei < o,o2 mg/l, weil ich auf dem blöden "sensitiv"- Test von JBL nix erkennen kann. Das wäre ein Verhältnis von 50:1 bis 200:1. Ich sollte also, sollten sie denn in Spuren im Becken vorhanden sein und wären die Biofilme aus welchen Gründen auch immer gestört, ebenfalls keine Probleme mit Stickstofffixierern bekommen (es sei denn, dass für die Ausbildung der Heterocysten bzw. für die Blüte generell vorhandener zur Stickstofffixierung fähiger Cyanobakterien der Absolutwert des gebundenen Stickstoffs und nicht sein Verhältnis zum Gesamt-Phosphor entscheident ist) sondern wie Du, mit z.B. Oscillatorialis.
Allerdings liegt mein anorganisch gelöster Phosphor unter dem Schwellwert von o,o3 mg/l PO4. Das würde passen. Was in freier Wildbahn gilt, gilt auch in useren Aquarien. Die Cyanobakterien wissen nicht wo sich sich befinden!
Vermutlich könnte ich also mein Wasser mit etwas Phosphat noch aufdüngen um dem Verhältnis von 16:1 näher zu kommen. Womit ich meinen wüchsigen Pflanzen optimalere Bedingungen bieten täte, sie dort noch effektiver arbeiten könnten. Bei diesem Anheben des Phospahtgehaltes, hin zum Gleichgewicht, sollen ja dann auch die für für niedrige Phospahtgehalte bekannten Punktalgen noch verschwinden. Was aber womöglich nichts mit dem Absolutwert des Phosphates zu tun hat sondern eben seinem Verhältnis zum gebundenen Stickstoff (Nitrat plus Ammonium-Stickstoff) bei gleichzeitigem Vorhandensein wüchsiger Pflanzen welche um die SEs konkurrieren. (?) Cyanobakterien sind bekannt dafür höhere Konzentrationen an Spurenelementen für ihre Begünstigung zu benötigen.
Cyanobakterien sind schwierig. Und die Nährstoffsituationen unserer Aquarien im Zusammenspiel mit den teilweise weitab des Natürlichen liegenden Idealvorstellungen des Betreibers ziehen diesen Knoten nur noch fester als ihn zu lösen ...
(sorry, dass ich eher allgemein über "Blaualgen" hergezogen bin)
Ingo