Sessile Bakterien auf Pflanzen

solar88

Member
Hallo,

ich hatte eine sehr interessante Diskussion. Es ging dabei um Folgendes.

Befinden sich sessile Bakterien (Biofilm) auf Pflanzen. Oder spielen Pflanzen für sessile Baktieren keine Rolle. Haben Pflanzen chemische Abwehrstoffe, die verhindern, daß sich Bakterien auf ihnen ansiedeln. Oder halten sie nur ihre Poren frei. Oder ist das auch nicht notwendig.

Ich war bisher felsenfest davon überzeugt, daß sessile Bakterien auf Pflanzen siedeln. Ich habe aber leider keine entsprechende Literatur. Google hat da auch sehr wenig, eigentlich garnicht ausgespuckt. Zumindestens nichts, das für mich ausreichend glaubhaft war. Ich hoffe hier einige Mitglieder zu erreichen, die mir eventuell die eine oder andere Frage beantworten kann. Schön wäre auch ein Quellennachweis.

Liebe Grüße und Dank im voraus, Werner
 

nik

Moderator
Teammitglied
Hallo Werner,

Quellen sind rar und ich bin kein Quellensammler. Leider kann ich das nicht mal als *meine* Hirngespinste bezeichnen, denn neu ist das nicht. Ich bin auf die IMHO grundsätzliche Bedeutung des Biofilms erst gestoßen als ich keine anderen sinnvollen Wege mehr gesehen habe. Als sehr lange extrem mit Algen geplagter, wollte ich algenfrei nicht nur praktizieren können sondern es auch verstehen. Die Algen waren also meine primäre Intention. Als deren Beeinflussung über das Wasser trotzdem nicht zu eindeutigen Resultaten führte, da war weiterhin eine wohl kleinere, aber vorhandene Lücke in der Reproduzierbarkeit, musste irgendwas anderes noch eine Rolle spielen. Es sind nur sehr wenige in die Richtung schubsende literarische Hinweise und sonst überwiegend meine Beobachtungen und Ableitungen. Da gibt es ja auch Widerstände und ich kann das bestens verstehen, allerdings reichen meine Beobachtungen und Überlegungen und vor allem die Praxis inzwischen für eine ausgesprochene Grundsicherheit. Da das in Details für mich nicht erfassbar ist, betrachte ich den Biofilm in seiner Gesamtheit, in seinen unterschiedlichen Ausprägungen und vor allem in seinem Zusammenspiel mit Algen. Algen, Cyanobakterien gehören zu den sehr gut wahrnehmbaren Bestandteilen des Biofilms. Dann hat Kurt mal zu einer Erscheinung geschrieben, die ich wohl kannte, was mir dann aber in den wenigen klaren Worten die Bedeutung grundsätzlich veränderte. Er schrieb vom "glitschigen" und "trockenen" Biofilm als Merkmal zur Unterscheidung von schlechter bzw. besser funktionierenden Biotopen. Da hat er absolut Recht und ich beschäftige mich seit dem mit bzw. hänge an der Frage, warum wird ein im Sinne des Aquarianers funktionierender Biofilm immer weniger wahrnehmbar?
Die "Geringfilterung" war bezüglich Algen ein älterer Gedanke und zielte auf die möglichst geringe Beeinflussung der Nährstoff in der Wasersäule ab und zum Anderen auf die Verlagerung des Biofilms ins Becken. Bei einem gegebenen Angebot an organischen Stoffen kann bei einer intensiven (externen, zusätzlichen) Substratfilterung nicht mehr soviel im Becken geschehen. Das hatte sich zwar nicht als die Lösung in Algenproblemen erwiesen, verringerte aber eindeutig die Probleme. Ich war mal praktizierender Starkfilterer. Von dem was ich heute als *begünstigend* bezeichne, habe ich alles(!) völlig falsch gemacht. Lange, lange Jahre mit Kiesen, zu wenig Düngung und zu viel Substratfilterung. Sand und Düngung waren die ersten Maßnahmen und es löste schon viele Probleme und funktionierte auch mit Filtersubstrat algenfrei. Nur wegen der mich plagenden Theorie machte ich den großen 2328 trotzdem leer. Es tauchten ein paar Punktalgen auf, die mit zwei Schwämmen auf der Ansaugseite zeitnah wieder verschwanden. Das war der Anlass der Bezeichnung Geringfilterung als angemessener(!) Filterung im Sinne von nur so wenig Filtersubstrat wie zur Problemvermeidung nötig. Das wird von den allermeisten trotz meines Geschreibsels immer noch nicht verstanden. Die Geschichte "viel hilft viel" ist nicht aus den Köpfen heraus zu bringen und hat zur Folge, dass man sich selbst die Düngung schwieriger macht. Von der Bedeutung der Geringfilterung bin ich weiterhin überzeugt, denn sie verlagert die mikrobiologischen Prozesse, den Biofilm weitestgehend in das Becken - und machte ihn nebenbei auch sicherer beobachtbar. (Bestimmter) Sand hat vor allem Bedeutung in seinen Problem verhindernden Eigenschaften. Und jetzt kommt die Frage, ist überhaupt Biofilm auf den Pflanzen, bzw. können die den abwehren? Vorhanden ist er, sieht man von frischen Triebspitzen ab.

Befinden sich sessile Bakterien (Biofilm) auf Pflanzen.
Ja. Biofilm bedarf der Erläuterung, denn Algen, Cyanobakterien, Pilze gehören auch dazu. Mikroflora beinhaltet auch die flotierenden Organismen.

Oder spielen Pflanzen für sessile Baktieren keine Rolle.
Das sind FRagen, die ich in meiner durchaus umfänglichen Literatur nicht beantwortet bekommen habe. Ich hangel mich dann weiter, in dem ich nach dem Sinn Frage. Für Biofilm ist in Teilen (Bakterien) das Sauerstoffangebot der Pflanzen interessant. Algen und Pflanzen sind andererseits die Metaboliten von Bakterien (Pflanzennährstoffe incl. CO2) interessant.

Haben Pflanzen chemische Abwehrstoffe, die verhindern, daß sich Bakterien auf ihnen ansiedeln.
Es sieht eher nach einer für beide vorteilhaften Beziehung aus. Oberflächennah spielt vor allem Stofftransport durch Diffusion im strömungsfreien Bereich, der Grenzschicht, eine Rolle. Bezüglich Algen, als Bestandteil des Biofilms, lassen sich unterschiedliche Widerstände der Pflanzen bezüglich Besiedelung beobachten. Bei Algen als Nahrungskonkurrenten macht das noch Sinn, bei Bakterien als Nahrungslieferanten eher nicht. Allelopathie wäre ein Stichwort, zielt auf photosynthetisierende Konkurrenz ab. Eine immer ausreichende Wirkung hat das offensichtlich nicht. Manche emerse Pflanzen produzieren antibakterielle Stoffe. Denke ich an die intensiv riechende Wasserminze Mentha aquatica, dann ist der Geruch des ätherischen Öls nur die für uns offensichtliche Wirkung, es wirkt schwach antibakteriell/antifungal. Für eine Verallgemeinerung taugt das alles nicht.

Oder halten sie nur ihre Poren frei. Oder ist das auch nicht notwendig.
Das hat eher Schleusencharakter. Da spielen Diffusion, Stoffgefälle, Ladungstransport eine Rolle. Praktisch weiß ich nicht ob Poren "frei" sind. Muss ja in irgendeiner Form frei sein.

Obwohl ich mich gerne damit theoretisch und praktisch beschäftige, ist das bekennend unvollständig. Mir hat es geholfen die Geschichte ausreichend rund zu bekommen und hat vor allem zu einer Praxis geführt, die Aquaristik reproduzierbar macht. Die Unwägbarkeit ist "nur noch" die komplexe Mikroflora. Ein funktionierendes Aquarium steht und fällt mit einer (im Sinne des Aquarianers) funktiomierenden Mikroflora. Ich bin im Grunde ungeduldig! In der Beeinflussung der Mikroflora habe ich Geduld, das Resultat lohnt einfach und der Bock Mikroflora lässt sich einfach nicht mit Gewalt hinten herum heben. Ich kann nicht hieb- und stichfest belegen, dass das so ist, aber das allermeiste deutet darauf hin - und im Gegensatz zu früher sind die grundsätzlichen Zweifel wegen mangelnder Reproduzierbarkeit oder (eigener) argumentativer Lücken weg. Die Mikroflora ist die entscheidende Baustelle. Das funktioniert sogar ohne Nährstoffe, mit dicker Filterung und Kies. Da lässt sich die Bedeutung des Biofilms auf den Pflanzen erkennen. Ich habe mal ein Becken nur mit reichlich Pflanzen eines Users hier mit meinem Standardsetupaufgesetzt - bei dem sonst frischen Becken war die Entwicklung geradezu faszinierend. Das war erkennbar anders als ein mit meinen Pflanzen aufgesetztes Becken. Ich kann die Existenz von Biofilm auf Pflanzen nicht mehr in Frage stellen. Es zeigte auch die Abhängigkeit von Algen und Biofilm. Das ganze Drumherum ist nicht bedeutungslos, aber es geht nicht über "begünstigend" hinaus. Wenn man mal funktionierende Pflanzenaquarien hat, dann lässt sich der Biofilm mittels der Pflanzen transportieren. Ein Becken mit emersen Pflanzen ohne Biofilm und/oder Pflanzen aus schlecht laufenden Becken aufzusetzen, läuft ziemlich sicher in die Grütze. Dann macht die Begünstigung der Mikroflora Sinn. Trotzdem läuft alles darauf hinaus zur Unterstützung einen möglichst passenden Cocktail Mikroflora einzubringen.

So einen Kram kann man nur lesen und sich Gedanken machen oder nicht. Schaut man dann bewusst hin, sind die Wechselwirkungen zu erkennen. Konstruenten (Pflanzen - auch Algen), Konsumenten (Tiere) und Destruenten (Bakterien, Pilze) sind das Biotop. Der Biofilm, der von allem was hat, wird in seiner zentralen Bedeutung unterschätzt, Bodensubstrat, Filterung und Düngung, auch Licht werden überschätzt. Letztere lassen sich dann viel gelassener betrachten, denn funktioniert die Mikroflora, ist das überhaupt erst die Voraussetzung den Rest (dann erstaunlich leicht) zum Laufen zu bringen. Ansonsten habe ich selbst unglaublich viele offene Fragen, die meisten haben allenfalls geringe Chancen auf Beantwortung. An der Richtung habe ich allerdings keine Zweifel mehr.

Becken aufsetzen, Pflanzen lesen, Mikroflora lesen, Becken genießen. ;)

Gib deinem Diskussionspartner doch das hier zu lesen und das und das. Ich denke, dann lässt sich das besser einordnen und gelassener diskutieren.

Gruß, Nik
 

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