Die leidige Diskussion um Fe-EDTA

Wuestenrose

Well-Known Member
Hallo,

die Tage bin ich über ein interessantes Paper gestolpert, nämlich dem hier: Synthetic iron chelates as substrates of root ferric chelate reductase in green stressed cucumber plants. Darin geht's um die Reaktion von Eisen-chlorotischen Gurken auf verschiedene Eisenchelate, genauer, um die Aktivität der Eisen(III)chelatreduktase an den Wurzeln und um die Eisenkonzentration im Xylem-Saft. Gurken als Strategie-I-Pflanzen bedienen sich des Eisenchelatreduktase-Tricks zur Eisenaufnahme. Sie scheiden das Enzym an den Wurzeln aus, das vom drei- zum zweiwertigen reduzierte Eisen fällt wie von Zauberhand aus dem Komplex, weil die meisten Komplexe mit Eisen(III) viel stabiler sind als mit Eisen(II), und nehmen es auf. Innerhalb der Pflanze wird es allerdings wieder oxidiert und als Eisen(III) weitertransportiert.

An den Gurken hat man Fe(III)-EDTA und Fe(III)-EDDHA getestet. Mit dem Fe(III)-EDTA war zwar die Aktivität der Eisenchelatreduktase an den Wurzeln höher, allerdings die Eisenkonzentration im Xylemsaft geringer als beim Fe(III)-EDDHA. Warum? Fe(III)-EDTA ist weniger stabil als Fe(III)-EDDHA und kann daher von der Reduktase leichter zerlegt werden, allerdings zeigt EDTA auch noch eine gewisse Stabilität mit Fe(II). Das Eisen bleibt daher mit EDTA chelatiert und die Pflanze schaut mit'm Ofenrohr ins Gebirg… Fe(III)-EDDHA ist zwar stabiler und kann daher von der Reduktase nicht so leicht angegriffen werden, aber es zeigt keine Affinität zum Fe(II). Das kann dann die Pflanze gemütlich wegnuckeln.

Zudem: Der Fe(III)-EDTA-Komplex ist nur bis etwa pH 6,3 stabil. Mit zunehmendem pH-Wert steigt die Konzentration der Hydroxidionen (OH⁻) im Wasser. Exponentiell, wir erinnern uns, pro ganzer pH-Stufe um den Faktor 10. Diese Hydroxidionen konkurrieren mit dem EDTA ums Eisen(III) und mit zunehmendem pH-Wert verliert das EDTA das Match. Es bildet sich zunehmend unlösliches Eisen(III)-hydroxid (Fe(OH)₃), das ausfällt. Dieser Prozess beginnt bereits ab pH 6,0. Und dann wundert man sich, warum soviel Eisen im Filterschlamm landet. Ganz einfach, weil EDTA ein untauglicher Chelator ist. Zudem durchläuft es Kläranlagen fast unbeschadet, EDTA findet sich inzwischen in so gut wie allen Oberflächengewässern Deutschlands.

Trotzdem ist das Paper kaum auf Aquarien anzuwenden, weil Fe(III)-EDDHA extrem färbt, selbst noch bei aquarienüblichen 0,1 mg Eisen pro Liter. Was bieten sich dem Aquarien für Alternativen? Fe-DTPA. Besser als EDTA. Fe-IDHA. Gut, aber IDHA wird schnell organisch abgebaut, daher eher als Tagesdünger geeignet. Genauso wie organische Eisenverbindungen wie Eisengluconat und und Eisencitrat. Fe-HBED? Färbt ebenfalls und ist ein extrem stabiler Komplex, an den die Pflanzen nicht so leicht rankommen.

In diesem Sinne…
Robert
 
Hallo Robert,
Und dann wundert man sich, warum soviel Eisen im Filterschlamm landet.
Ich weiß nicht mehr wo es stand, in alten Büchern oder in aquaristischen Zeitschriften.
Mit etwas Zitronensäurepulver soll sich das im Filterschlamm gebundene Eisen wieder im Wasser lösen und für Pflanzen verfügbar werden.
 
Hallo…

Mit etwas Zitronensäurepulver soll sich das im Filterschlamm gebundene Eisen wieder im Wasser lösen und für Pflanzen verfügbar werden.

Könnte ich mal ausprobieren… Allerdings im makroskopischen, also mit bloßem Auge sichtbaren Maßstab, Eisen-Test hab ich keinen (mehr). Mal guggen, welche Eisen(III)-Salze so in meinem Fundus rumschwirren… Natriumhydroxid zum Alkalisieren habe ich.


Viele Grüße
Robert
 
Mahlzeit…

Hab gerade meinen Chemikalienschrank inspiziert. Eisen(III)-sulfat hab ich, Natriumhydroxid und Citronensäure auch. Dann kann's ja mal ans Pantschen gehen, wenn ich genug Muße habe.


Viele Grüße
Robert
 
Hallo Robert,

du wirst wissen was du tust. ;)
Ich verstehe es nicht wirklich.
Es ging mir um das ausgefällte Eisen im Filter. Wohl vor allem Eisenphosphat.
Dass dies bei alten Aquarien mit Zitronensäure funktioniert hat, wurde bereits in der Praxis bestätigt. Zuviel Zitronensäure war aber nicht gut. Trübung wohl durch Bakterienexplusion.
Ich habe es lange nicht mehr gemacht.

Edit :
Hab grad bei Krause nachgeschaut, aber nichts davon gefunden. Nur dass im Filterschlamm auch mal 3000mg/l Eisen vorhanden ist, während in selbigen freien Wasser nicht mal 0,01 mg/l nachweisbar ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was ist von HEDTA zu halten Robert?
Dieser Dünger funktioniert sehr schnell, innerhalb 2 Tagen signifikant . Ich hätte ihn schwacher Chelatiert erwartet . Liegt es ggf. auch an der verwendeten Menge an Chelaten? Rein EDTA stabilisierter Dünger braucht 5 Tage bis signifikant erkennbar bei den Pflanzen.

Gruß Frank
 

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Ich habe meine Topffilter massiv abgerüstet. Im Cristalprofi e902 befindet sich der Vorfilter, eine dünne Matte grober Filter, eine dünne Matte feinerer Filter und noch einen halb gefüllter Korb mit etwas Syporax. Der Filtertopf ist fast halb leer.
Alle nasenlang reinige ich den und es kommt dann auch Filterschlamm zum Vorschein, aber nicht mehr so viel wie früher.
Dazu dünge ich mit dem Eisenvolldünger und Nitrat alle zwei/drei Tage die viertel Menge als empfohlen. Beides ist mit Tests kaum nachweisbar.
Einmal in der Woche gebe ich flüssige Huminstoffe hinzu und es befinden sich immer ein paar Erlenzapfen im Becken.
Klappt soweit ganz gut.

Nichtsdestotrotz finde ich den Bericht sehr interessant. Es hilft zumindest zu verstehen, wie Pflanzen ticken.
 
Hallo Robert,
ich finde das von Dir angeschnittenen Thema sehr interessant, auch wenn ich nicht vorhabe, Dünger selbst zu mischen.
Der zweite Absatz in Deinem Post #1 wäre noch zu vertiefen. Ich weiß jetzt, dass es eine Eisen(III)chelatreduktase an den Wurzeln gibt und kann mir unter diesem Begriff etwas (wenn auch vage) vorstellen. D.h. doch, dass das Eisen(III) an der Wurzel vom Chelat getrennt wird und so in gelöster Form der Pflanze zur Verfügung steht - oder verstehe ich das falsch? Weiterhin weiß ich, dass sowohl EDTA als auch EDDHA organische Verbindungen der Essigsäure sind und so vielleicht der Hinweis von Erwin im Post #2 auf Zitronensäure auch noch Klarheit bringt. Essigsäure und Zitronensäure sind ja irgendwie verwandt!?.
Also mich würde eine Vertiefung des Themas gerade in Richtung "wie kommt das Eisen in die Pflanze?" und welchen Weg nimmt sie bis in die Zelle wo dann das Eisen "verarbeitet" wird.
Vielleicht kommen dabei Erkenntnisse heraus, die bei der Pflege der Pflanzen hilfreich sind.
Grüße
Peter
 
'N Abend...

Wohl vor allem Eisenphosphat.

Eher unwahrscheinlich. Eisen(III)-phosphat (FePO4) ist in Relation zu Eisen(III)-hydroxid (Fe(OH)3) und Eisen(III)-hydroxidoxid (FeO(OH)) vergleichsweise gut löslich. Bei der Phosphatfällung in Kläranlagen mit Eisensalzen kommt man üblicherweise bis 0,5 mg Phosphat runter. Ne, es dürften hauptsächlich Eisen(III)-hydroxid und Eisen(III)-hydroxidoxid ausfallen. Deshalb verwende ich Natriumhydroxid für meinen Versuch.

Eisen(III)-phosphat läßt sich tatsächlich durch Ansäuern wieder in Lösung bringen, es wird dabei zu den besser löslichen Eisen(III)-hydrogenphosphat (Fe2(HPO4)3) und Eisen(III)-dihydrogenphosphat (Fe(H2PO4)3) protoniert. Kevin (Kejoro) hat mich mal um einen entsprechenden Versuch hier gebeten. Ob das aber mit Eisen(III)-hydroxid und Eisen(III)-hydroxidoxid auch klappt? Ich werd's ausprobieren.

Was ist von HEDTA zu halten Robert?

Gute Frage, ich weiß es nicht. Aber wahrscheinlich ist alles besser als Fe-EDTA. Ich selbst hab kein Fe-HEDTA zur Verfügung, deshalb hab ich auch nicht tiefer recherchiert. Du zeigst die Deklaration vom Dennerle Plant System S7, nicht?

Beim 2014er Wasserpflanzensymposium (†) hab ich über Fe-Chelate referiert und mich nicht gerade positiv über's Fe-EDTA geäußert. Ole Pedersen von Tropica war auch da und meinte, sie hätten immer schon Fe-EDTA verwendet und würden es auch weiter verwenden. Ein schlagendes Argument...

Also mich würde eine Vertiefung des Themas gerade in Richtung "wie kommt das Eisen in die Pflanze?" und welchen Weg nimmt sie bis in die Zelle wo dann das Eisen "verarbeitet" wird.

Ich hab das Thema eigentlich absichtlich in "Kein Thema - wenig Regeln" eröffnet, weil die Eisenaufnahme über die Wurzeln bei unseren submers gehaltenen Pflanzen in den Hintergrund gegenüber der Aufnahme über die Blätter tritt. Mir ist ein Paper über den Weg gelaufen, daß zumindest für Landpflanzen Fe-IDHA das Chelat der Wahl bei der Blattdüngung ist. Nein, ein unabhängiges, nicht gesponsortes Paper ;)


Viele Grüße
Robert
 
Zuletzt bearbeitet:
... Ich hab dich das glaub während meiner Masterthesis 2017/18 rum gefragt. Wieso weißt du das noch? ^^

Aber erstmal vielen herzlichen Dank für das Näherbringen und In-Kontext-Setzen des Papers.
Was ich mitnehme: hohe Bindung vom Chelat an Fe(III), aber niedrige Bindung an Fe(II) fördert die Eisenaufnahme (für jene Pflanzen, die Eisen(III)-Chelat-Reduktase bilden können).

Ich halte Versuche mit Eisenphosphat sowieso für fragwürdig, da Phosphat von den Eisen(III)-oxid-Verbindungen gut eingelagert werden kann.
Das klar zu trennen, ist nicht trivial...

@Frank2 Danke für die Beobachtung zu den unterschiedlichen Düngern. Das passt ganz gut zu dem von Robert erläuterten Paper.

Schöne Grüße
Kevin
 
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