-Biofilm-
" Struktur und Entwicklung benthischer Biofilme in Fließgewässern - Messungen und Simulation"
http://edocs.tu-berlin.de/diss/2004/eitner_annett.pdf
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In dieser Arbeit geht es um die Untersuchuchung aufsitzender Biofilme in ihrem naürlichen Lebensraum und nicht unter Laborbedingungen. Untersucht wurden die Filme mittels "Konfokaler Laser Scanning Mikroskopie" (CLSM) und nachfolgender Bildanalyse. Die CLSM bietet den Vorteil die sehr komplexe und mechanisch anfällige Struktur der Biofilme vom Meßvorgang praktisch unbeeinflußt zu lassen. In einem Abschnitt der Arbeit wird sehr detailliert auf das Verfahren eingegangen, wo seine Vorteile und Schwierigkeiten liegen.
Untersucht wurden struktureller Aufbau der Biofilme, Artzusammensetzungen, hydrodynamische Eigenschaften, Zehr- bzw. Produktionsspektren (Sauerstoff, Nährstoffe), Zusammensetzungen in Abhängigkeit unterschiedlicher Substrate und Standorte, jahreszeitliche Schwankungen in den Zusammensetzungen, Einwirkung des Grazings (Fraßdruck druch biofilmabweidende Organismen), Ansprache des Biofilms auf Ammonium und mehr.
Durchgeführt wurden die Untersuchungen an der Ehle, einem Flüßchen in Sachsen- Anhalt mit einem meist sandig-schlammigen Sediment und ausgeprägten Makrophytenbeständen und am South-Saskatchewan-River in Kanada.
Textstelle zum Saskatchewan:
"Bei den kanadischen Untersuchungen sollten zwei Aspekte verfolgt werden. Zum einen sollte der Einfluss des Substratums auf die Biofilmzusammensetzung, den Sauerstoffhaushalt sowie der Photosynthese erforscht werden. Dazu wurden Muscheln und Holz aus dem Fluss gesammelt und anschließend mittels CLSM und Sauerstoffmikroelektroden untersucht. Andererseits sollte der Einfluss der Fließgeschwindigkeit auf die Biofilmstruktur und den Stoffwechsel ermittelt werden, wozu der Biofilm auf Muscheln und Holz aus der Flussmitte bei hoher Fließgeschwindigkeit sowie vom Flussrand mit einer niedrigen Fließgeschwindigkeit untersucht wurde."
Schöne Bilder gibt´s in dem Dokument zu sehen. Hier der "Identifikationsschlüssel" bzgl. der einzelnen Teilnehmer der untersuchten Biofilme:
grün = Bakterien
rot = Glykokonjugate (EPS, der die Biofilme stabilisierende Schleim)
blau = (echte) Algen
pink = Cyanobakterien
In folgenden Bild und darin Bild E kann man schön die EPS sehen. Den "Filter-Glitsch" oO ...
Unter anderem und im Groben sind folgende Erkentnisse gewonnen worden:
- Im Frühjahr zeichnen sich die Biofilme durch eine hohe Heterogenität, eine komplexe Struktur und eine hohe Diversität von Bakterien und Diatomen aus.
- Während der Sommermonate hingegen wiesen die Biofilme nur eine planare Struktur von wenigen ?m Dicke und eine sehr geringe Diversität von Diatomen auf. Den größten Anteil am Biovolumen besitzen in diesem Zeitabschnitt die Cyanobakterien, während sie zu den anderen Jahreszeiten nur ein sehr geringes Biovolumen aufweisen.
- Diese Veränderung des benthischen Biofilms wurde durch die Populationsdynamik von weidenden Makrozoobenthosarten hervorgerufen (Grazing) die während der Sommermonate den Biofilm bis auf wenige Bakterien und Cyanobakterien ständig abweiden. Die Biofilme weisen in diesem Zeitraum ein charakteristisches Grazingmuster auf. Im Herbst und Winter mit abnehmendem Grazingdruck nehmen die Biofilmdicke, die Biovolumen von Algen, Bakterien und Glykokonjugaten sowie die Komplexität des Biofilms wieder stetig zu.
Bild dazu:
(links: Herbst/Winter, rechts: Sommer. Kantenlänge: 5oo µm):
- Weiterhin sollte der Einfluss der Aufwuchsoberfläche auf den benthischen Biofilm untersucht werden. Nach einer längeren Exposition zeigten sich keine Unterschiede in der Biofilmstruktur und Zusammensetzung zwischen Biofilmen gewachsen auf Steinen und Biofilmen gewachsen auf Polykarbonatobjektträgern in der Ehle. Ebenfalls waren die Struktur und Zusammensetzung des benthischen Biofilms auf Holz und Muschelschalen aus dem South-Saskatchewan-River vergleichbar. In den Sauerstoffkonzentrationsprofilen und den photosynthetischen Aktivitäten wurden geringe Unterschiede zwischen den beiden Substraten festgestellt, welche auf eine höhere heterotrophe Biomasse in den Biofilmen gewachsen auf Holz hindeuten.
- Eine Zugabe von Ammonium zum Flusswasser führt zu einer Zunahme der Biofilmdicke sowie der Volumen an Algen, Bakterien und Glykokonjugten im Reaktorbiofilm. Generell weisen Reaktorbiofilme einen wesentlich geringeren Anteil an photoautotrophen Mikroorganismen auf, da die Lichtbedingungen in Rotating Annular Reaktoren für diese Mikroorganismen unzureichend sind.
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Mein Senf:
Für mich ist es insgesamt schon etwas neu, dass es DIE bakteriellen Biofilme in der (Reinst-) Form wie man sie sich als Aquarianer üblicherweise so vorstellt (tut man das?) und daneben DIE Algen so eigentlich gar nicht gibt, zumindest nicht "im Anfangsstadium" bzw. einer wie auch immer zustande gekommenen (gesunden bzw. unverdächtigen) Gleichgewichtssituation, sondern das Bakterien und Algen und Cyanobakterien je nach Standort im Biofilm zu unterschiedlichen Anteilen ziemlich gut verwurschtelt gemeinsam den Laden schmeißen. Ich denke das man dies für die Aquaristik ebenfalls so annehmen muß, wenn auch mit wahrscheinlich deutlich reduzierter Artenvielfalt (<- und den Problemen die diese womöglich mitbringt) Womit sich vor allem bzgl. der Cyanobakterien die Frage ergibt welche Bedingungen AB DA und neben den reinen Wasserparametern noch für den aquatischen Biofilm zusammentreffen müßen um sie (aus ihm heraus) von der Leine zu lassen? (denn: Cyanobakterien werden in Blick auf ihre "Teamfähigkeiten" in einer heterogenen Gemeinschaft von der Literatur oft als recht konkurrenzschwach geschildert und wenn dem tatsächlich so ist muß einem Überhandnehmen von ihnen folgend etwas sehr bedeutungsvolles zugrunde liegen)
Noch eine Textstelle aus der Arbeit:
"Im Frühjahr kam es zu einem deutlichen Anstieg des Algenvolumens an beiden Standorten. Die Biofilmdicke nahm in dieser Zeit vor allem am Standort Ehle 04 deutlich zu und betrug an Bruchkanten ca. 2300 ?m (Ehle 02) bzw. 1700 ?m (Ehle 04). Die oberste Biofilmschicht bestand überwiegend aus Algen, oft bildeten sich sogar dicke Algenpolster einer einzigen Algenart aus."
Kann man das als Beschreibung einer beginnenden, wenn auch lokalen benthischen "Algenblüte" nehmen?
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Ingo